Nebelhornberglauf 2014

„hast Du das Zeug für richtige Steigungen“


Ein Berglauf bleibt sich treu. 10,5 Kilometer und 1405 Höhenmeter – basta.
Während allerorts neue Läufe aus dem Boden sprießen, die sich mit immer spektakuläreren Höhen und Weiten gegenseitig die Show stehlen, bleibt man im allgäuischen Ort Oberstdorf äußerst gelassen.


Mit der pfiffigen Frage im Slogan „zu hart für Dich?“, trifft man ins Mark all derer, die
Laufen und Berge für ein ideales Paar halten. Und obwohl die Strecke zum Nebelhorn keine alpinen Kletterpassagen hat, sind Anstiege von weit über 30% eine gigantische
Herausforderung.
So ist es auch nicht sonderlich verwunderlich, dass die meisten der „Angesprochenen“ Kinder der Berge sind. Nur wenige Exoten aus dem Flachland standen deshalb auch in diesem Jahr wieder auf der Teilnehmerliste. Einer davon mit der Nr.10, das war ich.
Noch nie zuvor hatte ich mich so akribisch auf einen Lauf vorbereitet. Um den „verlangten
Härtegrad“ zu erreichen, schwor ich in den letzten vier Wochen allen Süßigkeiten ab.
Aber auch die so erlangte neue Trikotgröße „M“ alleine, macht noch keinen spritzigen
Bergläufer. Ein Wanderer wollte ich an diesem herrlichen Sonntagmorgen aber auch nicht
sein.
Den Tipp eines Kenners, die Ortsstraße zu genießen, da sie das einzige Flachstück ist, ging
aber schon glatt in die Hose. Die Meute rannte entfesselt los und ich befand mich mittendrin.
So strafte mich der „Laufgott“ bereits nach dem ersten Kilometer mal so richtig ab. Der
kräftige Anstieg unterhalb der Sprungchance machte mich zum Wechsler zwischen Geher und Läufer und ordnete mich fortan wieder in die richtige Position des Feldes ein.
Ein „Mathematiker“ unter meinen Lauffreunden hatte meine Wunschzeit von 2 Stunden
ohnehin bereits im Vorfeld zerpflügt. Ich fügte mich seinen Worten und lief mit Verstand
langsam und kräftesparend weiter. Bis zur ersten Verpflegungsstation ging es nun, wie es der Veranstalter trocken beschreibt, anspruchsvoll ansteigend aufwärts.


Inzwischen ist die Baumgrenze erreicht, und die glühend heiße Sonne lässt mich meine
irgendwo verlorengegangene Trinkflasche schmerzlich vermissen. Wassernachschub gibt es erst wieder oberhalb des Latschenhanges. Der aber liegt 500 Meter weiter oben und der Anstieg dorthin wird noch viel Schweiß kosten.
Hier treffe ich auch erstmals auf Läufer denen es viel schlechter geht als mir. Mit großem
Mitleid unter den Läufern ist hier oben aber nicht zu rechnen. Jeder leidet seine eigenen
Schmerzen. Mit Argusaugen verfolgen jedoch Ärzte der Bergwacht aufmerksam das
Geschehen am Berg.
Unterhalb des Gipfels am Höfatsblick treibt mir der Blick ins Tal beinahe die Tränen in die
Augen. Eine Wahnsinnsaussicht auf unzählige Berggipfel tut sich auf. Welch eine Gnade hier zu stehen. An der gleichen Stelle hat eine Stunde zuvor der führende Läufer aus Eritrea aus kuriosen Gründen das Rennen beendet. Irrtümlicher Weise hatte er die Bergbahnstation mit dem Ziel verwechselt.


Die immer dünnere werdende Luft ist jetzt nur noch eine lästige Nebenerscheinung. Der
Gipfel mit der Zielfahne ist zum greifen nah und doch noch steinig weit entfernt. Inzwischen sind mehr Wanderer wie Läufer auf der Strecke. Mühsam umlaufe ich auf den letzten Anstiegen die vielen menschlichen „Hindernisse“. Die letzten Meter werden zu einem kleinen Triumphzug.

Mit viel Beifall werden hier auch noch die Späteinkehrer empfangen. Ein herrliches Gefühl der Anerkennung den „Härtetest“ am Nebelhorn bestanden zu haben. Und die Moral von der Geschichte : Dem Besenwagen weit davon gelaufen – die Freude schlägt eindeutig das Leid - der Alte ist immer noch jung – nach dem Lauf ist vor dem Lauf
 


Hans Pertsch 7.7.2014

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