Im Cafe
Ab und zu überkommt mich ohne Vorwarnung das Verlangen nach einer Tasse Kaffee. Dann gibt es kein Halten mehr. Ich schaue rechts, ich schaue links irgendwo ist immer ein Café oder eine Bäckerei in Reichweite. Am liebsten genieße ich meinen Kaffee im Stehen. Das geht schnell aber trotzdem lässt sich meist ein kleines Schwätzchen halten.
Dieses Mal fand ich nur einen Platz am Tisch von fünf älteren Damen. So richtig glücklich waren die Seniorinnen mit dem zusammenrücken aber nicht. Den plötzlich war die ohne mich so lautstarke Frauenrunde muksmäusenstill geworden. Höchstens ein bisschen pispern war zu hören. So sehr ich als neugieriger Mensch meine Ohren auch spitzte, es waren nur wenige Wortfetzen zu verstehen. Nach und nach stellte ich fest, dass ich es wahrscheinlich war, der im Fadenkreuz der Damenrunde stand. Eine der Frauen hatte mich wohl mit einem entfernten Bekannten verwechselt und dadurch eine heftige Diskussionen ausgelöst. Langsam wurde es wieder etwas lauter und mir wurde klar, dass mein Doppelgänger wohl nicht gerade der Liebling der anwesenden Damen war.
Im Visier so vieler Frauen zu sein, macht ganz schön nervös. Unruhig nippte ich den Rest meines Kaffees aus, gab die Tasse zurück und sammelte mit der Hand die Krümel meines Croissants zusammen. Dann verabschiedete ich mich lächelnd von dem Damentisch. Das letzte was ich hörte waren die Worte „ hätte nicht gedacht, dass der so höflich und ordentlich ist“.
Hans Pertsch
Januar 2017