Die kostbarsten Wochen des Jahres

Jüngere Menschen sollten jetzt und hier das Lesen einstellen. Denn es ist hart zu erfahren, was sich zwangsläufig ändert, wenn man älter wird. Es geht um Urlaub, eines der schönsten Themen die es in jedem Alter gibt. Ein inzwischen vom Markt verschwundener Veranstalter hatte sie früher „die kostbarsten Wochen des Jahres“ genannt. Bei meiner ersten Spanienreise vor rund 50 Jahren war mein Koffer nur ein größerer Rucksack. Mein bisschen Urlaubsgeld hatte ich bar in einem Brustbeutel dabei. Zur Kommunikation mit der Heimat reichte eine Postkarte. Der Weg war mein Ziel und alle wichtigen Treffs und Kneipen fand ich daher ohne Plan und Navi. Mein Puls schlug je nach Anlass höher oder tiefer, und da nur die Sonne meine Zeit bestimmte, war mein Leben frei von jeder Messung.

Heute im Alter reicht oft schon ein verlängertes Wochenende, um die Szenarien einer Weltreise zu erleben. Was früher in einem Rucksack zusammengeknüllt nach zwei Wochen noch fast frisch aussah, wird ein halbes Jahrhundert später so säuberlich in einen Koffer gepackt, als ob man es am Abend beim Opernball tragen müsste. Während man damals in Spanien mit etwas Aspirin die Schmerzen des Sangria bekämpfte, geht heute vorsorglich eine komplette Apotheke mit auf Reisen. Und die Jacke von einst, die in den heißen Nächten des Südens meist nur als Torpfosten beim Fußballspiel am Stand diente, sieht zwar immer noch flott aus, darf aber 11 Monate im Jahr wegen Erfrierungsgefahr nicht mehr getragen werden.